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Werner Fischer Die Interbrigadisten im Kampf gegen den Faschismus im Zweiten Weltkrieg 1939 – 1945 1. Zum Nachwirken des Themas Interbrigaden und Spanischer Bürgerkrieg Auch wenn es in der Bundesrepublik auf dem ersten Blick nicht so aussieht, so gehört die Geschichte der Internationalen Brigaden und der Kampf um die Verteidigung der spanischen Republik 1936 – 1939 zu den Gebieten, die auch nach 70 Jahren weit mehr als andere historische Themen in der Auseinandersetzung und im öffentlichen Gedächtnis vorkommen. Bis 1990 wurden ca. 15 000 Veröffentlichungen gezählt, seit 1990 werden etwa 2000 neue Werke bzw. überarbeitete ältere Veröffentlichungen genannt. Dazu gehören die von dem Verein KFSR betreuten Bücher „Spaniens Himmel breitet seine Sterne oder Ein Lied kehrt zurück“, das biographische Handbuch sowie Victor Grossmans „Madrid, du wunderbare“. Von Anfang an waren die Ereignisse in Spanien und der Einsatz der Interbrigaden heiß umstritten. Angesichts dessen, dass es sich um wahrhaft welthistorische Ereignisse handelte, konnte das bei gar nicht anders sein. Diese Auseinandersetzungen nahmen im Zusammenhang mit der weltpolitischen Wende Ende der 80er Jahre, Anfang der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts wieder zu. Es wurde erneut versucht, die Geschichte der Internationalen Brigaden als von Anfang an eindeutig negativ darzustellen. Eine besonders üble Rolle spielt dabei das Schwarzbuch des Kommunismus mit seinem Kapitel über den spanischen Bürgerkrieg und die Internationalen Brigaden von Courtois oder die Veröffentlichung des Franzosen Furet zur Geschichte des Kommunismus. Häufig wird als Grund für die Neubeschäftigung mit dem Thema die erstmalige Offenlegung der Quellenbestände der Kommunistischen Internationale und der Sowjetunion genannt. Aber das Schwarzbuch des Kommunismus kommt völlig ohne diese neuen Quellen aus. Es schreibt lediglich nahtlos die Angriffe auf die Internationalen Brigaden fort, die bereits seit 1938/1939 unter Benutzung obskurer Quellen in den damaligen politischen Auseinandersetzungen geführt wurden. Dagegen kommen einigermaßen seriöse wissenschaftliche Veröffentlichungen gerade unter Benutzung der „neuen Quellen“ mehrfach zu dem Ergebnis, dass es sich bei den Behauptungen z. B. im Schwarzbuch um Fälschungen aus faschistischer Quelle handelt. In der Bundesrepublik dominierten lange Zeit Veröffentlichungen mit profranquistischer Tendenz (man ist schon geneigt zu sagen, wie könnte es auch anders sein!). In den deutschsprachigen Veröffentlichungen nach 1990 (darunter 3 Dissertationen, mehrere Magisterarbeiten und einige Übersetzungen aus dem Englischen und Spanischen) zeigt sich dagegen ein deutliches Übergewicht mit protrotzkistischer, proanarchistischer Sympathie, besonders in der Publizistik, aber auch in der historisch-wissenschaftlichen Literatur. Bei einigen Veröffentlichungen habe ich allerdings den Eindruck, dass dies lediglich ein Zugeständnis an den Mainstream ist, um die eigenen Forschungsergebnisse, die sich als viel differenzierter darstellen, veröffentlichen zu können. Von bekennenden Trotzkisten in der Bundesrepublik und in anderen Ländern nach 1990 geäußerte Meinungen zum spanischen Bürgerkrieg und zu den Interbrigaden zeichnen sich durch eine Tendenz aus, als gehörten die Vertreter dieser ideologischen Strömung nun endgültig zu den jetzigen „Siegern der Geschichte“. In Spanien selbst, das ja nach dem Tode Francos einen sogenannten „consenso“ für die Periode der nachfranquistischen Gesellschaft geschlossen hatte, hat sich seit einigen Jahren eine über die wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Thema hinausgehende Bewegung entwickelt, die sich unter dem Motto „Wiedergewinnung des Gedächtnisses“ ernsthaft mit der zweiten spanischen Republik und ihren Verteidigern gegen die faschistischen Putschisten beschäftigt. Formen dieser öffentlichen Auseinandersetzung sind die Suche nach den durch die Franquisten ermordeten Republikaner, die Errichtung von Denkmälern für die Verteidiger der Republik und die Beseitigung eindeutig franqistischer Denkmäler. In diesem Rahmen bewegen sich auch die Veranstaltungen mit den Interbrigadisten in Spanien, wie die jetzige im Oktober 2006 zum 70. Jahrestag der Gründung der Interbrigaden. Schon allein die Präsenz einer solchen Veranstaltung im spanischen Fernsehen und in den Medien bis hinein in die eindeutig großbürgerliche Presse, wie „El Mundo“, zeigt den Unterschied zwischen Spanien und der Bundesrepublik Deutschland.
2. Zur Anzahl der Interbrigadisten Bei der Beurteilung des Bürgerkrieges gilt es die Relationen zwischen den internationalen Freiwilligen und der Anzahl der spanischen Soldaten im Rahmen des spanischen Volksheeres zu beachten. Im Monat Juli 1937 hatte die Republik bereits 153 Brigadas mixtas mit mehr als 800 000 Mann gebildet, darunter befanden sich 5 internationale, die XI. bis zur XV. Brigade. Die Mehrheit der Volksarmee der spanischen Republik bestand seit Frühjahr 1937 aus Wehrpflichtigen, wie übrigens auch die Franco-Armee. Im Sommer 1938, vor der Ebrooffensive, hatte das Heer der spanischen Republik etwa 1,2 Mio. Mann, davon etwa 16 000 Interbrigadisten. Diese Zahlenrelationen mindern meines Erachtens aber nichts an der historischen und politischen Bedeutung der Internationalen Brigaden. Nach neuesten Forschungen kämpften insgesamt wohl höchsten 40 000, eher um die 35 000, Interbrigadisten in der spanischen Volksarmee. Daneben gab es allerdings noch andere ausländische Kontingente in verschiedenen Truppenteilen der Volksarmee (z.B. trotzkistisch und anarchistisch orientierte Kräfte). Um den Umfang zu zeigen: die französischen Anarchisten verzeichnen in ihrem Personenlexikon 140 Freiwillige. Die etwa 2500 spanischsprachige Lateinamerikaner, darunter mindestens 900 Kubaner, dienten vor allem in den normalen spanischen Einheiten. Das größte Kontingent mit etwa 9900 Interbrigadisten stellten die Franzosen. Rund 4000 Biographien sind in dem 16 bändigen Dictionnaire biographique de Mouvement ouvrier francais verzeichnet. Die Italiener geben in ihrem biographischen Lexikon etwa 4000 Interbrigadisten an. Für Österreich kommt Hans Landauer in seinem Personenlexikon auf 1300 Interbrigadisten, Aus den USA kamen etwa 2 750, aus Großbritannien etwa 2000. Aus den slawischsprachigen Ländern, vor allem Polen, kamen etwa 7500, aus der Schweiz etwa 800. Für die Deutschen Interbrigadisten nennt Uhl nach den amtlichen Statistiken für Ende 1937 2102, für Juni 1938 2217, für die Zahl nach dem Abzug der IB insgesamt 2318 (einschließlich einiger in spanischen Einheiten kämpfenden Deutschen z.B. Fritz Teppich). Dazu kamen etwa 200 deutsche Anarchisten und 50 Deutsche im Bereich der POUM (Uhl, S. 55). Die Herkunft der Interbrigadisten aus über 50 Ländern, die häufig nicht mit der Nationalität der IB übereinstimmte, macht allen Statistikern zu schaffen. Einige Beispiele dafür: Ein US-Amerikaner chinesischer Herkunft weist in einem Buch 50 chinesischstämmige Interbrigadisten nach, vor allem aus den USA. Aus Belgien kamen insgesamt 1600 Freiwillige, neben den Wallonen und Flamen u.a. 350 Polen und 150 Italiener. Aus Finnland kamen nur 60 der über 350 Finnen, die in den Internationalen Brigaden dienten. Die meisten anderen kamen aus Schweden, den USA und Kanada. Im US-Kontingent befanden sich Vertreter von 35 Nationalitäten. Ähnliches gilt wohl für die Zusammensetzung der anderen „nationalen Kontingente“. Bei der Organisation der Brigaden in Spanien behalf man sich daher mit den Begriff „deutschsprachige“, „französischsprachige“ oder „englischsprachige Einheit“. Das macht es den Autoren biographischer Länder-Lexika über die Interbrigaden so schwer, wie auch bei der Erarbeitung des Lexikons über die deutschen Interbrigadisten beweist. Diese „nationale Vermischung“ zeigte sich sowohl während der Kämpfe in Spanien als auch in der Zeit bis 1945 und auch danach, sie ist nach meiner Ansicht ein Zeichen des gelebten Internationalismus. Sowjetische Freiwillige: Das russische Verteidigungsministerium gibt in einer Veröffentlichung von 1998 folgende Zahlen an: 772 Flieger, 351 Panzerfahrer, 222 allgemeine militärische Berater und Instrukteure, 77 Matrosen, mehr als 150 unterschiedliche militärische Spezialisten, 130 Arbeiter und Ingenieure von Flugzeugbaubetrieben, 156 Funker, 206 Übersetzer, also gesamt 2064 (Schauff , S. 230). Zu jedem Zeitpunkt befanden sich allerdings lediglich 600 – 800 Sowjetbürger in Spanien. Ab Sommer 1938 erfolgte der Abzug bis auf etwa 30 Berater, die erst im März 1939 Spanien Land verließen. Gefallene: Bis Ende 1937 wurden 4365 von bis zu diesem Zeitpunkt 27 764 registrierten internationalen Freiwilligen, d.h. 15,7%, als gefallen gemeldet, dazu müssen noch die Vermissten (Gefangene und Verschollene) gezählt werden. Bei den Franzosen werden insgesamt 2332 Tote namentlich nachgewiesen, die Italiener geben etwa 600 Gefallene bzw. Vermisste an, die Engländer 526. Die Sektion Spanienkämpfer des Komitees der antifaschistischen Widerstandskämpfer wies 1989 ca. 550 Interbrigadisten nach, die in Spanien gefallen sind bzw. in Franco-Lagern umkamen. Wahrscheinlich werden sich bei umfassenden Nachforschungen insgesamt etwa 750 bis 800 Gefallene und Verstorbene Deutsche nachweisen lassen (Uhl, S. 56f). Bei einer Rate von etwa 25% an Gefallenen und Verstorbenen bedeutet dies, dass die Interbrigaden zwischen 9 000 und 10 000 unwiederbringliche Verluste (so der Begriff aus der sowjetisch-russischen Militärgeschichtsterminologie) hatten. Das heißt, bis 1939 sind insgesamt etwa 27 – 30 000 Interbrigadisten in ihre Heimatländer oder in die Emigration zurückgekehrt. Falsch ist die immer noch in manchen Veröffentlichungen zu findende Angabe, die sowjetischen Kämpfer hätten Anweisung gehabt, sich aus der Kampfzone herauszuhalten. Auf dem Denkmal für die sowjetischen Freiwilligen auf dem Friedhof Fuencarral in Madrid sind 136 Tote verzeichnet. In einer großen Arbeit über die Verluste Russlands/der SU in den Kriegen des XX.Jahrhunderts aus dem Jahr 2002 werden die Gesamtverluste mit 189 angegeben. Gefangene bei Franco: Leider ist diese Frage auch in der neueren Literatur nur ungenügend dargestellt. Es sind bisher weder Gesamtzahlen noch differenzierte Untersuchungen zu den verschiedenen Nationalitäten bekanntgeworden. Es müssen aber mehrere hundert Interbrigadisten in den Franco-Gefängnissen und Lagern gewesen sein. Besonders im Zusammenhang mit dem Durchbruch der faschistischen Truppen im Aragon ab März 1938 gerieten eine größere Anzahl von Interbrigadisten in Gefangenschaft. Nach Ende des Krieges wurden sie zum Teil in Steinbrüchen und Ziegeleien eingesetzt, die für den faschistischen Wiederaufbau zerstörter Ortschaften, so z. B. Belchite in Aragon. Ein Teil der westlichen Interbrigadisten wurde bis 1941 entlassen und ging in ihre Heimatländer zurück, so US-Amerikaner, Engländer und Kanadier (Frühjahr 1939). Ein niederländischer Interbrigadist der XI. IB wurde im Juli 1943 aus der Haft entlassen und gelangte nach Großbritannien, wo er sich den niederländischen Streitkräften anschloss. Die italienischen (etwa 100), deutschen und österreichischen (27 namentlich nachgewiesene) Interbrigadisten wurden zum Teil an Deutschland und Italien ausgeliefert, verblieben aber zum Teil bis nach 1945 in Franco-Kerkern. So kamen 20 deutsche Interbrigadisten mit einem US-Schiff erst 1946 nach Deutschland zurück, 6 kamen aus portugiesischen Gefängnissen (Uhl, S. 100f).
3. Die internationale Lage Ende 1938/Anfang 1939 Bereits während des Einsatzes der Internationalen Brigaden hatte sich die internationale Lage weiter verschärft. Am 7. Juli 1937 begannen die Japaner mit ihrem Feldzug zur Besetzung Chinas. Im März 1938 besetzte Hitlerdeutschland Österreich und deklarierte dies als „Anschluss an das Großdeutsche Reich“. Am 30.9. 1938 kam es zwischen Hitlerdeutschland und der Tschechoslowakei auf Druck vor allem Großbritanniens und unter Teilnahme Frankreichs und Italiens zu dem schändlichen Münchener Abkommen, wonach das Sudetengebiet von Hitlerdeutschland besetzt wurde. Dieses Abkommen war einer der Höhepunkte der „Beschwichtigungspolitik“ der Westmächte gegenüber Hitlerdeutschland und dem faschistischen Italien. Das Münchener Abkommen war gleichzeitig ein Schritt zur Isolierung der Sowjetunion in der internationalen Arena. Unmittelbar danach, im Oktober/November 1938, sagten sich die Radikalsozialisten von der Volksfront in Frankreich los. Die Regierung Daladier nahm Kurs auf die Liquidierung der Ergebnisse der Volksfront von 1936. In diesem Rahmen fällt auch die Vorbereitung der offiziellen Anerkennung des Franco-Regimes durch die Westmächte, die schließlich noch vor Ende des Bürgerkrieges in Spanien (am 27.2. 1939 entsandte die britische Regierung einen Botschafter nach Burgos, am 28.2.1939 wurde Marschall Petain französischer Botschafter bei Franco), erfolgte. Die Niederlage der spanischen Republik im März 1939 und die endgültige Zerschlagung der Tschechoslowakei zum selben Zeitpunkt war auch ein schwerer Schlag gegen die sowjetische Politik der kollektiven Sicherheit. Seit März 1939 verschärften sich mit den Vorbereitungen Hitlerdeutschlands zum Krieg gegen Polen trotz der westlichen Beschwichtigungspolitik die imperialistischen Widersprüche weiter. Es sei zu der Einschätzung der internationalen Entwicklung auch eine generelle Bemerkung gestattet: Während gegenwärtig die damalige Politik der kollektiven Sicherheit der Sowjetunion und die Volksfrontpolitik der kommunistischen Weltbewegung gerade an Hand der Ereignisse in Spanien als illusionär und zum Scheitern verurteilt dargestellt wird, wird die Beschwichtigungspolitik der Westmächte gegenüber den faschistischen Staaten in der Regel zwar als verfehlt, aber kaum mit der moralischen Rigorosität, wie die kommunistische und sowjetische Politik, beurteilt. Einige Bemerkungen zu den Auswirkungen der sowjetischen inneren Auseinandersetzungen vor allem seit 1935/36, die als „bolschaja tschistka“ (große Säuberung) bzw. als großer Terror bezeichnet werden, auf die Politik Sowjetunion und der Kommunistischen Internationale in Bezug auf den Bürgerkrieg in Spanien und die Internationalen Brigaden vor und nach ihrem Einsatz. Diese Probleme werden von den meisten Autoren in den Veröffentlichungen der neuesten Zeit in den Mittelpunkt gestellt. Es kann in dieser Betrachtung nicht die Aufgabe sein, sich umfassend damit auseinanderzusetzen. Diese Ereignisse in der Sowjetunion hatten jedoch einen tiefen Einfluss sowohl auf die sowjetische Außenpolitik als auch auf die internationale kommunistischen Bewegung. Hier wurden diese Auseinandersetzungen vor allem als Kampf gegen den Trotzkismus geführt. Es ist meines Erachtens nicht richtig, wenn Interbrigadisten unterschiedlicher Länder gegenwärtig erklären, dass dies für den Kampf in Spanien und danach keine unmittelbaren Auswirkungen hatte bzw. sie damals davon nichts erfahren hätten bzw. Andererseits ist die Geschichte des Kampfes um die Verteidigung der Spanischen Republik und der Internationalen Brigaden auch kein gegenseitiges Abschlachten unter der Losung des Kampfes gegen den Trotzkismus und andere Abweichungen. So erweist sich etwa die Bezeichnung von André Marty, dem von der Komintern eingesetzten Leiter der IB, als „Schlächter von Albacete“ als Übernahme faschistischer Propaganda der damaligen Zeit und wird durch kritische neuere Untersuchungen nicht gedeckt. Ebenso sind die Maiereignisse in Barcelona im Mai 1938 keine allein von den Kommunisten ausgelöste und gezielte Abrechnung mit der „trotzkistischen“ POUM, sondern ist wesentlich differenzierter zu betrachten. Dazu wäre aber eine gesonderte Darstellung nötig. In einer Darstellung von Frank Schauff, einen Wissenschaftler, der jetzt am Osteuropa-Instititut der FU tätig ist und seine Dissertation über die SU, die Komintern und den Spanischen Bürgerkrieg „Der verspielte Sieg“ nannte, wird nachgewiesen, dass das sowjetische Volkskommissariat für Auswärtiges 1938 und Anfang 1939 vor allem aus personellen Gründen nicht in der Lage war, die staatlichen Beziehungen zwischen der Sowjetunion und der spanischen Republik effektiv zu gestalten, ähnliches wird für das Volkskommissariat für Verteidigung festgestellt. Das gleiche kann man selbst für das Volkskommissariat des Inneren (das NKWD) und seine Organe der Aufklärung feststellen. Dem Terror zum Opfer fielen der sowjetische Botschafter Rosenberg, der Generalkonsul in Barcelona Antonov-Ovsejenko, der erste Militärattaché Gorev, die beiden Chefberater Jan Berzin und Grigorij Stern (nicht verwandt mit den Brüdern Manfred, Wolf und Leo Stern), die Chefberater der Luftstreitkräfte Schmuschkevic und Rytschagov und der Panzerkommandeur Pavlov. Trotz der extremen Folgen der „Säuberungen“ stimmt es allerdings nicht, dass nahezu alle sowjetischen Militärs, die in Spanien eingesetzt waren, vom Terror erfasst wurden. Die sowjetischen Spanienkämpfer Kulik, Malinovski und Merezkov wurden Marschall der Sowjetunion, Voronov Hauptmarschall der Artillerie, der Marineberater Kusnecov wurde Volkskommissar für die Flotte, mindestens 10 weitere wurden im Großen Vaterländischen Krieg Generäle, Divisions-, Korps- und Armeekommandeure. So schlimm es klingt: Möglicherweise hat ja Ilja Ehrenburg recht, der in den 60er Jahren gegenüber Theodor Balk auf dessen Frage nach den Verfolgungen der Spanienkämpfer in der Sowjetunion erklärte, es gebe keinen Zusammenhang mit dem Einsatz in Spanien, die Repressionen seien offensichtlich reiner Zufall. Obwohl der Apparat der Komintern im allgemeinen in großem Umfang von den „Säuberungen“ betroffen war, ist keiner der Vertreter der Komintern, die mit Spanien bzw. den Internationalen Brigaden befasst waren (Palmiro Togliatti, Andrée Marty, Luigi Longo, Franz Dahlem, Luis Codovilla, Ernö Gerö und andere), zum damaligen Zeitpunkt von den Säuberungen betroffen worden. Dagegen wurden Manfred Stern (General Kleber), der Brigadekommandeur Vladimir Copic (XV. IB), ein Jugoslawe, beide vorher in der Roten Armee und bei der Komintern tätig, und der Brigadekommissar Gustaw Reicher (Rwal), ein Mitglied des ZK der KP Polens inhaftiert bzw. ermordet. Bei Stern und Copic deuten sich als Hintergrund für ihre Verfolgung nach der Rückbeorderung in die SU ihre Tätigkeit in Spanien an, die Ermordung Gustaw Reichers hängt dagegen unmittelbar mit der Auflösung der KP Polens durch die Komintern vom Juli 1938 zusammen. Auch hierzu sind weitere Forschungen notwendig.
4. Die Rückführung der Interbrigadisten in ihre Heimatländer, die Internierung in Frankreich und der Kampf um die Unterstützung der Internierten bis zum Überfall Hitlerdeutschlands auf die Sowjetunion Die Zurückziehung der Internationalen Brigaden durch die spanische republikanische Regierung am 23.9.1938 kam für die Komintern und ihre Vertreter in Spanien nicht überraschend, wie das heute manchmal dargestellt wird. Bei den Beratungen in der Führung der KI mit den Vertretern in Spanien und Vertretern der spanischen KP im August 1938 wurde als Teil einer umfassenderen Änderung der Politik in Spanien die Auflösung der Internationalen Brigaden beschlossen. Am 1. September 1938 erteilte Woroschilows auch im Namen Stalins die Zustimmung der sowjetischen Führung dazu (Dimitroff, Tagebuch S. 170f.). Für die Interbrigadisten an der Front kam dieser Beschluss offensichtlich überraschend, befanden sie sich doch in heftigen Verteidigungskämpfen. Der Rückzug der durch die internationale Demobilisierungskommission in Herbst 1938 festgestellten 12 673 Interbrigadisten war ja nicht in erster Linie ein Problem der militärischen Logistig, sondern brachte für die Interbirgadisten enorme politische Schwierigkeiten. Ich habe die veränderte politische Lage 1939 gegenüber 1936 geschildert. Österreich und bald auch die Tschechoslowakei fielen als Heimat- bzw. Emigrationsländer aus. Nach bisher unvollständigen Angaben haben Polen, Rumänien, Bulgarien, Jugoslawien und die Niederlande Gesetze zur Ausbürgerung der Interbrigadisten erlassen. Die sowjetische Führung hatte ihre Haltung gegenüber Politemigranten in der SU enorm verschärft. Frankreich und alle westeuropäischen Länder verschärften zu dieser Zeit ebenfalls ihre Immigrationsbestimmungen. Die Komintern beauftragte die spanische KP und André Marty mit der Organisierung des Abzuges, worüber allerdings bisher kaum Material veröffentlicht wurde. Der Abzug der Briten, US-Amerikaner, Kanadier, Franzosen, Skandinavier, Schweizer und offensichtlich auch der Lateinamerikaner gelang, wenn auch mit Schwierigkeiten, bis Dezember 1938/Anfang 1939. In der Kominternführung gab es offensichtlich damals die Vorstellung, dass diejenigen Interbrigadisten, die nicht in ihre Heimat- oder Emigrationsländer zurückkehren konnten, die spanische Staatsbürgerschaft annehmen sollten. Das war allerdings angesichts der drohenden Niederlage der spanischen Republik im Bürgerkrieg illusionär. Es blieben schließlich noch 3400 Kämpfer in Katalonien zurück, 2 200 sollen es in Zentralspanien gewesen sein. Für den sogenannten 2. Einsatz hatten sich noch einmal 2 600, darunter 888 Deutsche, gemeldet. Am 9. Februar 1939 überschritten die letzten Interbrigadisten (vor allem etwa 900 Italiener, 700 Österreicher, 700 Deutsche, 500 Jugoslawen, weiter Polen, Tschechen, Bulgaren, Rumänen und Interbrigadisten aus den baltischen Ländern) die Grenze zu Frankreich, gemeinsam mit 400 000 Spaniern. Sie wurden in den Lagern am Meer, später in Gurs und Vernet interniert. Welche Schwierigkeiten sich auftaten, zeigt sich auch darin, dass die Komintern erst am 26.8.1939 die Bildung einer Kommission zu den ehemaligen Interbrigaden und der Unterstützungsarbeit der Kommunistischen Parteien für die Interbrigadisten vor allen in den französischen Lagern und für die Gefangenen bei Franco beschloss. Auf Antrag der Kominternführung beschloss das Politbüro der KPdSU die Einreise von 300 durch die Komintern nach Spanien delegierten Politemigranten zu gewähren, d.h. wesentlich weniger als die Zahl der nach Spanien Delegierten, selbst nach Abzug der Gefallenen und Gefangenen. Zu den von der Komintern nach Spanien entsandten gehörten u.a. 138 Deutsche, wenigsten 200 Österreicher, 100 Bulgaren und sicher noch andere Nationalitäten. Unter den in die SU zurückkehrenden befanden sich schließlich 84 deutsche Interbrigadisten, u.a. Willi Bredel und Erich Weinert. Nach anderen Angaben konnten 200 deutsche Interbrigadisten 1939 in die SU einreisen. Überlegungen gab es bereits vorher, Interbrigadisten zur Unterstützung des antijapanischen Kampfes in China einzusetzen. Dies wurde durch die Komintern aus politisch-organisatorischen Gründen letztendlich abgelehnt (Dimitroff, Tagebücher, S.240). Allerdings kam es zum Einsatz von Ärzten der Interbrigaden im Rahmen des Internationalen Roten Kreuzes vor allem bei den Guomindang-Truppen. Dazu gehörten u.a. der Österreicher Fritz Jensen, die Deutschen Rolf Becker und Carl Coutelle. Obwohl sich die Interbrigadisten auch der westlichen Länder nach ihrer Rückkehr aus Spanien in einer schwierigen politischen und zum Teil auch persönlichen Situation befanden, beteiligte sich die Mehrheit über ihre Organisationen, über die kommunistischen Parteien und über speziell gegründete Unterstützungskomitees am Kampf um die Befreiung der in Frankreich in den Lagern Internierten bzw. um die Unterstützung zur Verbesserung ihrer Lage. So sammelten die englischen Interbrigadisten insgesamt 12 000 englische Pfund für sie. Ein englischer Interbrigadist charterte einen Dampfer, mit dem 5000 Spanier aus Frankreich in die Emigration nach Mexiko gebracht wurde. Die schwedischen Interbrigadisten drängten ihre Regierung zu Aktivitäten für die Freilassung der deutschen und österreichischen Gefangenen bei Franco. Dies scheiterte letztendlich am Kriegsbeginn. Trotz dieser komplizierten Situation blieb die überwiegende Mehrheit der Interbrigadisten ihren Überzeugungen im Kampf gegen der Faschismus treu. Die in der überwiegenden Anzahl der heutigen Veröffentlichungen in den Vordergrund gestellten Auseinandersetzungen unter den Interbrigadisten nach 1939 sind m. E. eher nachgeordnet, wenn auch nicht zu vernachlässigen. So etwa die Auseinandersetzungen um die sogenannte 9. Kompanie im Lager Gurs ( Patrick von zur Mühlen, Spanien war ihre Hoffnung, S. 289 – 294). In Gurs hatten sich etwa 175 Deutsche und Österreicher, vorrangig ehemalige Revolutionäre Sozialisten und Sozialdemokraten von der unter der Leitung von Ernst Buschmann stehenden deutschsprachigen Lagerleitung getrennt und firmierten als sogenannte 9.Kompanie, wobei nicht alles ehemalige Spanienkämpfer waren. Diese Gruppierung hatte sich unter anderem wegen des 2. Einsatz, den sie ablehnten, wegen der kommunistischen Grundtendenz in der Lagerleitung, die zu einer „kollektiven Lösung“ für die internierten Spanienkämpfer und gegen individuelle Lösungen auftrat, gebildet. Dazu kam die Auseinandersetzung in der kommunistischen und der Volksfrontbewegung der deutschen politischen Emigration. Ganz sicher war die daraufhin erfolgende Etikettierung als „trotzkistische und faschistische Spione“ durch die kommunistische Seite eine Überspitzung, die erneut zur Verhärtung der gegenseitigen Positionen führte. Dennoch handelt es sich bei diesen Interbrigadisten, die sich von ihren bisherigen Positionen abwandten, um eine Minderheit. Ähnliche Erscheinungen finden wir bei den englischen Interbrigadisten, wo eine absolute Minderheit (weniger als 20) eine Gegenorganisation zu der Mehrheitsorganisation der Interbrigadisten gründete. In den USA, wo von den 2300 zurückgekehrten Interbrigadisten über 2000 durch das FBI überwacht wurden, ließen sich nachweislich nur 11 von diesem als Spitzel anwerben. Besonders schwierig wurde die Situation für die Interbrigadisten in Frankreich, den anderen westeuropäischen Ländern und in den USA, nachdem der Nichtangriffspakt zwischen der UdSSR und Deutschland am 24.8.1939 abgeschlossen wurde und als mit dem Überfall Hitlerdeutschlands auf Polen am 1. September 1939 der 2. Weltkrieg begann. Die Westmächte nutzten den Nichtangriffspakt, um der Sowjetunion zu unterstellen, sie sei Verbündeter Hitlerdeutschlands geworden. Dazu kam noch, dass die Komintern alle ihre Mitgliedsparteien darauf verpflichtete, diesen jetzt begonnenen Krieg als ein von beiden Seiten imperialistischer Krieg einzuschätzen und für seine sofortige Beendigung zu kämpfen. Es könne daher keine Vaterlandsverteidigung gegen Hitlerdeutschland geben. Das führte zum Verbot der französischen Kommunistischen Partei noch im September 1939. Die Interbrigadisten wurden als gefährliche Subjekte und kommunistische Unterwanderer angesehen. Der Initiative der in Frankreich internierten polnischen Interbrigadisten, die sich an den polnischen Staatspräsidenten gewandt hatten, weil sie an der Verteidigung ihrer Heimat teilnehmen wollten, wurde durch die Beschlüsse der Komintern jegliche politische Grundlage entzogen. Interbrigadisten, die nach ihrer Rückkehr aus Spanien nach Frankreich entweder nicht interniert waren oder aus der Internierung entlassen wurden, wurden nun wieder als „feindliche Ausländer“ interniert (z.B. Franz Dahlem). In England wurden deutsche Interbrigadisten, die als Emigranten hier lebten (wie Hans Kahle, ehemals Kommandeur der XI. Brigade und der 45. Division des Volksheeres) nach Kriegsbeginn als „feindliche Ausländer“ nach Kanada deportiert. In Frankreich übten die Behörden den Internierten gegenüber ab September 1939 verstärkt Druck aus, sich zur Fremdenlegion bzw. zu den Arbeitseinheiten (Prestataires) zu melden, was von der Mehrheit unter den gegebenen politischen Umständen abgelehnt wurde. Nach dem Überfall und der Besetzung Frankreichs, der Niederlande und Belgiens ab Mai 1940 durch die Hitlerwehrmacht hat sich die Situation der hier internierten bzw. in der Emigration lebenden Spanienkämpfer noch einmal verschärft. Besonders den Deutschen und Italienern drohte die „Auslieferung auf Verlangen“ an die deutschen und italienischen Faschisten. Andererseits gab es unklare Vorstellungen über die Möglichkeit einer legalen Rückkehr nach Deutschland unter veränderten Bedingungen (z.B. wurden die kommunistischen Parteien in Westeuropa zunächst nicht durch die faschistischen Besatzungsbehörden verboten bzw. unterdrückt). Ich kann mich hier nicht ausführlich mit Weisungen oder Empfehlungen der KPD bzw. der KPÖ zur legalen Rückkehr im Jahr 1940 auseinandersetzen. Tatsächlich hat es so etwas gegeben, wobei mir kein Beispiel eines deutschen Interbrigadisten bekannt wurde. Eine größere Anzahl Österreicher meldeten sich aber. Alle landeten sofort im KZ, wie auch die später von Vichy-Frankreich ausgelieferten Deutschen, Italiener und nahezu 2000 republikanischen Spanier. Angesichts dieser komplizierten politischen Lage ist es vielleicht nicht unverständlich, wenn es Versuche in heutigen Veröffentlichungen gibt, diese Zeit zu überspielen und den aktiven Widerstand gegen Besatzung und Hitlerdeutschland, wie er dann nach dem faschistischen Überfall sich schnell entfaltete, vorzuverlegen. In der französischen Literatur gibt es Hinweise, dass französische Interbrigadisten bereits im Herbst 1940 mit der Bildung von Untergrundgruppen gegen die faschistische Besatzungsmacht begannen. In einer amerikanischen Veröffentlichung werden die Aktivitäten von Milton Wolff, dem letzten Kommandeur des Abraham-Lincoln-Bataillons für den britischen Geheimdienst SOE mit Zustimmung der Parteiführung der KP der USA auf den Sommer und Herbst 1940 datiert. Unterlagen im Kominternarchiv ergeben aber, dass die Absprachen zwischen Wolff und dem Leiter des US-Geheimdienst Donovan dazu erst im November 1941 stattfanden. Die Zeit zwischen September 1939 und Juli 1941, dem faschistischen Überfall auf die Sowjetunion, war ganz sicher für die Mehrheit der Spanienkämpfer die politisch und moralische komplizierteste persönliche Situation.
5. Der Kampf der Interbrigadisten während des Zweiten Weltkrieges 1939-1945 Nach dem Überfall des faschistischen Deutschlands auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 bildete sich die Antihitlerkoalition heraus, die bestimmend für die Kämpfe der ehemaligen Interbrigadisten überall in der Welt wurde. Die jeweiligen Kampfbedingungen waren außerordentlich unterschiedlich und dennoch auf ein allgemeines Ziel gerichtet: Vernichtung des Faschismus und Sieg über die Aggressoren sowohl in Europa als auch überall in der Welt. Daher finden wir ehemalige Spanienkämpfer überall bei den Kämpfen, in den regulären Streitkräften der Antihitlerkoalition, in den Partisanenverbänden, in den politischen Bewegungen, ja selbst in den Konzentrationslagern und Gefängnissen. Es sei noch einmal daran erinnert, dass 1941 nur noch etwa 30 000 frühere Interbrigadisten lebten, davon mehrere Hundert noch immer in Lagern des Vichy-Regimes bzw. bereits in deutschen und italienischen Gefängnissen oder KZ. Dagegen waren zu diesem Zeitpunkt allein in den Streitkräften der Antihitlerkoalition bereits etwa 15 Millionen (unter Einschluss der chinesischen Streitkräfte) mobilisiert. Ich möchte ich zunächst auf den Einsatz der Interbrigadisten in den geheimdienstlichen Operationen der Staaten der Antihitlerkoalition eingehen, obwohl dies keineswegs die wichtigste Kampfarena der früheren Interbrigadisten war. Hier in der Gedenkstätte Deutscher Widerstand hat im November 2001 eine Konferenz zur Rolle der Geheimdienste im Rahmen des Widerstandes stattgefunden, auf der auch Kurt Hälker gesprochen hat. Auf dieser Konferenz wurde festgestellt, dass die Zusammenarbeit des Widerstandes gegen den Faschismus mit den Nachrichtendiensten notwendig und legitim (Schafranek Tuchel (Hg.) Krieg im Äther. Widerstand und Spionage im 2. Weltkrieg Wien 2004, S. 10). Bereits in Spanien haben die sowjetischen Nachrichtendienste den Partisanenkampf gegen Franco organisiert. Im Rahmen des sogenannten XIV. Armeekorps wurden auch Interbrigadisten eingesetzt. Literarisch verarbeitet wurde dies von Ernest Hemingway in „Wem die Stunde schlägt“, gegen das die amerikanischen Interbrigadisten bei seinem Erscheinen zunächst einen heftigen Widerstand organisierten, weil sie ihren Kampf darin falsch dargestellt sahen. Aus den Reihen dieser und anderer Interbrigadisten wurden durch die Vertreter des NKWD in Spanien bereits während der Kämpfe in Spanien bzw. auch noch aus Frankreich mehr als hundert in die Sowjetunion zur weiteren Ausbildung geschickt. Später wurden diese Interbrigadisten gemeinsam mit spanischen Emigranten in der Sowjetunion in den Sonderbrigaden des NKVD zum Einsatz in den von Faschisten besetzten Gebieten eingegliedert (insgesamt 2000 Ausländer bei gesamt 20 000, Sudoplatov Der Handlanger der Macht, S. 165), die sowohl in Partisanenabteilungen, aber auch für spezielle Aufklärungsaufträge im tiefen Hinterland der Wehrmacht eingesetzt wurden. Ein besonderes Beispiel ist der Einsatz in einem großen Funkspiel zwischen der Vierten Verwaltung des NKVD und den deutschen Nachrichtendiensten, bei dem der faschistischen Seite vorgegaukelt wurde, dass sich nach dem Zusammenbruch der Heeresgruppe Mitte in Belorussland 1944 eine mehrtausendköpfige deutsche Wehrmachtsgruppe im sowjetischen Hinterland halte. Dieses Funkspiel „Beresina“, an dem auch ehemalige deutsche Interbrigadisten, wie Karl Kleinjung, teilnahmen, wurde schließlich bis in das Frühjahr 1945 durchgeführt und legte die deutsche Nachrichtenarbeit in diesem Bereich für Monate lahm. Mehrere mit dem Fallschirm abgesetzte Spanienkämpfer sollten die Verbindung zu in Deutschland wirkenden Gruppen aufnehmen, so Albert Hößler, fielen aber meist der Gestapo zum Opfer. Andere Interbrigadisten wurden von den Vertretern des sowjetischen militärischen Nachrichtendienstes GRU ausgewählt ( April 1937: 12 Deutsche werden in die SU zur weiteren Ausbildung geschickt, u.a. Friedrich Dickel, Heinz Fomferra, Willi Rom, Hans Schwarz, Hans Schubert, Joseph Zettler) und häufig noch vor Kriegsbeginn 1939 in ihr später als „Rote Kapelle“ bekanntgewordenes westeuropäisches Aufklärungsnetz zusammen mit in Spanien eingesetzten Offizieren der Roten Armee als Funker oder in anderen Funktionen eingesetzt (z.B. Alexander Foote, Len Beurton, später Ehemann von Ruth Werner). Heinrich Fomferra wurde zur Unterstützung des Slowakischen Nationalaufstandes 1944 mit dem Fallschirm abgesetzt. Auch in China wurden Interbrigadisten vom sowjetischen Militärnachrichtendienst eingesetzt (Friedrich Dickel, Hans Schubert). Die Westmächte nutzten die Kenntnisse, den Einsatzwillen und den Mut der ehemaligen Interbrigadisten, wie diese wiederum den Einsatz in den Nachrichtendiensten als Mittel im Kampf um die Befreiung ihrer Länder vom Faschismus ansahen. Ich erwähnte bereits den Einsatz von Milton Wolff zunächst für den britischen Geheimdienst zur Organisierung von Widerstandsgruppen auf dem Balkan und später für den OSS in Nordafrika, Italien und Jugoslawien. In Algerien wandte sich Wolff 1943 an ehemalige deutsche Interbrigadisten (Artur Dorf, Alfred Krumme und Karl Kormes), die schließlich in Italien eingesetzt wurden. Der britische Geheimdienst wandte sich im April 1942 in Kanada an ehemalige Angehörige des Bataillons Mackenzie-Papineau, um sie ebenfalls für den Einsatz zu gewinnen. Nach der Befreiung Frankreichs 1944 kam es unter britischer und US-Geheimdienstregie zur Vorbereitung und Einsatz von Widerstandskämpfern in Österreich und Deutschland, entweder mit dem Fallschirm oder durch Einschleusung. Dazu gehörte eine große Anzahl von Interbrigadisten, die bereits in der französischen Resistance gekämpft hatten. Gruppen des OSS wurden sowohl in Frankreich als auch in der Schweiz (u.a. Ernst Buschmann, Max Dankert, Otto Kühne, Heinz Priess, Hans Teubner) ausgebildet. Eine vom britischen Geheimdienst SOE organisierte Aktion war die Bildung der Kampfgruppe Steiermark. Von 25 mit dem Fallschirm in Slowenien abgesetzten Kräften waren 15 Interbrigadisten, davon 11 Österreicher, 2 Italiener und zwei Spanier, darunter der letzte Kommandeur der 11. Brigade mixta nach dem Rückzug der Internationalen, Americo Brizuela. Diese Partisanengruppe ist schließlich auf 500 Kämpfer angewachsen und konnte noch vor Kriegsende die österreichische Stadt Schwanburg befreien. In den Streitkräften der USA dienten mehr als 600 Spanienkämpfer aus den USA, 300 in der Handelsflotte, 400 fielen in den Kämpfen. 70 wurden Offiziere der US-Streitkräfte, nahmen auch an der Landung in der Normandie teil, einer als Hauptmann bei den Pionieren, einer als Kompaniechef im 509. Fallschirmjägerbtl. der 82. US-Division. Mehrfach wurde den Interbrigadisten aber wegen „Unzuverlässigkeit“ der Auslandseinsatz verweigert. In den britischen Streitkräften herrschte ebenfalls eher Misstrauen gegen die Interbrigadisten, die zum Teil nicht Offizier werden konnten, auch wenn sie die Voraussetzungen dafür hatten. Zu den ehemaligen Spanienkämpfern in den offiziellen Streitkräften gehören die in der Sowjetunion gebildeten polnischen und tschechischen Streitkräfte. 20 nahmen führende Stellungen in den neu gebildeten polnischen Streitkräften ein, der Kosziuszko-Division, dann in der 1. und 2. polnischen Armee, letztere wurde vom Karol Swierczewski (General Walter) kommandiert. Aber auch in den polnischen und tschechischen Streitkräften im Westen gab es Interbrigadisten, derer bisher kaum gedacht wurde. Bei den Widerstandsgruppen, die sich in den besetzten Ländern in Westeuropa, aber auch in Osteuropa bildeten, nahmen von Anfang an Interbrigadisten teil, so in den Niederlanden, in Belgien und vor allem in Frankreich. An der ersten spektakuläre Aktion durch die Gruppe Manuchian in Paris waren 23 Kämpfer beteiligt, darunter 5 Spanienkämpfer. Lise London, die im Oktober 2006 erneut an dem Treffen zum 70. Jahrestag in Spanien teilnahm, war Mitorganisatorin der Aktion in der rue de Daguerre in Paris. Nach dem Beginn des Krieges gegen die SU haben Spanienkämpfer maßgeblich die „Franc Tireur et Partisans Francais“ (FTPF) bestimmt. Rol-Tanguy, früherer Kommissar der 14. IB, war Mitbegründer der FTPF. Ab Juni 1944 war er Befehlshaber der FFI (innere Streitkräfte Frankreichs) in der Ille de France, der Dachorganisation der militärischen Widerstandsorganisationen. Oberst Fabien (Pierre Georges) kommandierte nach der Befreiung von Paris das 151. IR der Französischen Streitkräfte und fiel bei den Kämpfen bei Mulhouse. Nicht nur in den FTP, sondern auch in anderen Widerstandsorganisationen bewährten sich französische Spanienkämpfer. So spielte 1944 bei dem Versuch einer gaullistisch-militärischen Widerstandsorganisation in der Bretagne, den Kommandeur der 3. Fallschirmdivision, General Ramcke, gefangenzunehmen bzw. zu liquidieren, ein ehemaliger Feldwebel der Internationalen Brigaden, eine wichtige Rolle und wurde für seine Tätigkeit von de Gaulle ausgezeichnet. Bei den Kämpfen in der Resistance und in deutschen Konzentrationslagern hatten die Widerstandsorganisationen große Verluste. Dabei kamen weitere 3000 französische Spanienkämpfer um. Die Beteiligung ehemaliger deutscher Interbrigadisten am Widerstandskampf in Frankreich ist ja in diesem Kreis gut bekannt. Ich will nur an Ernst Buschmann, Otto Kühne und Norbert Kugler erinnern und verweise auf den Beitrag von Herbert Mayer in dem Sammelband „Im Bunde mit dem Feind“, S. 88 - 111. Am Freiheitskampf des französischen Volkes beteiligten sich auch rund 1000 italienische ehemalige Spanienkämpfer, davon sind rund 100 gefallen bzw. in Gefängnissen und KZ umgekommen. Mehrere hundert zunächst in Frankreich und dann in Italien Inhaftierte kamen 1943 frei und beteiligten sich unter Führung des ehemaligen Generalinspekteurs der IB, Luigi Longo, an den Kämpfen der mehr als 250 000 starken Garibaldiverbände in Italien. Aus Frankreich kehrten bereits 1939 50 Interbrigadisten in den Untergrund nach Jugoslawien zurück, andere gingen in die SU. 1941 wurden weitere 250 Freiwillige illegal nach Jugoslawien geschleust, davon fielen 150 während des Volksbefreiungskrieges. Der größte Teil der jugoslawischen Partisanenverbände wurden von Spanienkämpfern geführt. Darunter der Oberkommandierende Tito selbst und der Chef des Hauptstabes der Volksbefreiungsarmee von Kroatien Veceslav Cvetko sowie die Kommandeure aller vier Armeen der Volksbefreiungsarmee. Mehrere Korps und Divisionen wurden von Spanienkämpfern kommandiert. 50 Spanienkämpfer erhielten in diesem Kampf den Titel Volksheld Jugoslawiens. Auch bei den jugoslawischen Partisanen kämpften Interbrigadisten anderer Nationalität, so Italiener, Deutsche und Österreicher. Zu den Aktionen, die besonders hohe Opfer forderten und heute manchmal als ungerechtfertigt bezeichnet werden, gehörte die Einschleusung von Österreichern, überwiegend Interbrigadisten, aus Frankreich nach Österreich, um die Widerstandsorganisationen zu verstärken und eine Inlandsleitung der KPÖ aufzubauen. Fast alle sind durch Verrat umgekommen. Ähnlich erging es polnischen Interbrigadisten. 1942 wurden aus Frankreich und Deutschland etwa 60 Dombrowski-Leute in die okkupierte Heimat gebracht, organisierten dort die Volksgarde mit und später die Armija ludowa. Davon fielen 40 bzw. kamen in den Kerkern um. Es könnten noch viele Beispiele genannt werden. Ich möchte noch auf die Tätigkeit von Spanienkämpfern im Nationalkomitee Freies Deutschland und in der Bewegung Freies Deutschland hinweisen. Im Nationalkomitee selbst wirkten Willi Bredel und Erich Weinert, dieser als Präsident. Weitere wurden in der Sowjetunion in Antifaschulen und als Propagandisten unter den deutschen Kriegsgefangenen eingesetzt. Präsident der Bewegung „Alemania libre“ in Mexiko war Ludwig Renn, dort wirkte auch Walter Janka. Auch derer muss gedacht werden, die in den faschistischen Zuchthäusern und Konzentrationslagern weiter Widerstand geleistet haben, sei es dass sie das Überleben auch anderer Häftlinge sicherten oder einen direkten Beitrag zur Befreiung aus dem KZ leisteten, wie etwa in der Militärorganisation im KZ Buchenwald. Zusammengefasst sei festgestellt, dass die meisten der kaum mehr als 30 000 Interbrigadisten, die 1938/1939 Spanien verließen, einen wichtigen Beitrag zum Sieg der Antihitlerkoalition und zur Befreiung der Länder vom Faschismus beigetragen haben. Auch das hat, wie der Kampf in Spanien, noch einmal viele Opfer gekostet. Die französischen Interbrigadisten verloren dabei etwa 3000, von den Deutschen hatten 1945 etwa 1200 überlebt. Und ihr Kampf mit Höhen und Tiefen im persönlichen Schicksal sollte damit noch nicht zu Ende sein.
Benutzte Literatur: Caroll, Peter N.: Abraham Lincoln Brigade, Stanford, 1994 Beevor, Anthony Der Spanische Bürgerkrieg, München 2006 Bernecker, Walther L.: Spanischer Bürgerkrieg und Vergangenheitsbewältigung, in: Utopie kreativ, H. 191, September 2006, S.779 – 790 Dimitroff, Georgi: Tagebücher 1933 – 1943, Hrsg. Bernhard Bayerlein, Berlin 2000 Die Völker an der Seite der Spanischen Republik 1936 – 1939, hrsg. von der Akademie der Wissenschaften der UdSSR und dem Verband der sowjetischen Kriegsveteranen, Moskau 1975 Doernberg Stefan (Hrsg.): Im Bunde mit dem Feind. Deutsche auf alliierter Seite, Berlin 1995 Gerassi, John: The Premature Antifascists. North American Volunteers in the Spanish Civil War, New York 1986 Komintern i grasdanskaja vojna v Ispanii, Moskva 2001 Schafranek /Tuchel (Hg.): Krieg im Äther. Widerstand und Spionage im 2. Weltkrieg, Wien 2004 Schauff, Frank: Der verspielte Sieg. SU, Kommunistische Internationale und Spanischer Bürgerkrieg 1936-1939, 2.veränderte Auflage 2005 Uhl, Michael: Mythos Spanien. Das Erbe der internationalen Brigaden in der DDR, Bonn 2004
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